Japan Tag 25 – Von Obu nach Tokyo

Japan Tag 25 – Von Obu nach Tokyo

Heute wache ich früh vor meinem Weckerklingeln auf – es geht weiter für mich ins Getümmel nach Tokyo. Aber erst muss ich die Hinreise schaffen mit meiner riesigen Fahrradtasche im Gepäck.

Tomoko und ich haben ein kleines Frühstück – wir sind beide noch ziemlich voll von gestern. Ich bin wieder emotional, anscheinend habe ich eine Allergie auf Abschiede entwickelt.

Tomoko fährt mich samt Rad zum Bahnhof, wo wir Tsubasa treffen, der mit uns vor ein paar Tagen im Izakaya den Abend verbracht hat. Er ist auf dem Weg nach Nagoya, da spielt er Racquetball, eine Art Squash. Er war sogar schon der achtbeste Racquetballspieler in Japan! Und heute will er zudem sicherstellen, dass ich auch wirklich den Weg zum Shinkansen (Superschnellzug) finde mit meinem Rad in der grünen Tasche. Das ist wirklich sehr lieb.

Tsubasa, Fahrrad und ich.
Geschafft durch die Absperrung.

Ich finde den Weg und steige in den korrekten Zug ein. In diesem Shinkansen darf man nicht ohne Sitzreservierung mitfahren. Und auf meinem Sitz sitzt schon ein Japaner. Das hätte ich in diesem Land nicht erwartet! 🙂 Aber ich brauche nur auf den Sitz deuten und er springt sofort auf. Er hatte anscheinend einen Fenstersitz auf der anderen Seite des Zuges und wollte vielleicht das Mädchen mit dem Gangsitz nicht fragen, ob sie ihn durchlassen könnte.

Nach ca. 50 Minuten Fahrt rasen wir am Berg Fuji vorbei. Es ist sonnig und wolkenlos, aber Fuji bedeckt seine Blöße mit einer einzigen Wolke. Das ist wohl ganz typisch für ihn.

Fujisan in der Ferne.

Ca. 1.5 Stunden nach Fahrtbeginn steige ich an der zweiten Haltestelle aus, Shinagawa. Die Menschenmassen sind echt krass, aber ich bin damit beschäftigt, mein Rad irgendwie zum richtigen Anschlusszug zu schleppen. Google Maps mit seiner Bus- und Bahnnavigation ist hier sehr hilfreich. Die Bahn nach Asakusa ist ganz schön voll und das Rad im Weg. Aber irgendwie geht es schon. Ich schiebe mich soweit aus dem Weg, wie es an der jeweiligen Haltestelle nötig ist. Und schließlich steige auch ich aus.

In Asakusa ist Gedränge angesagt. Ich stelle mir einfach vor, ich sei auf dem Braunschweiger Weihnachtsmarkt. Da musste ich zum Glück noch kein Fahrrad durchschleppen, aber irgendwas ist ja immer. 😉 Nach einer gefühlten Ewigkeit komme ich bei Kuroneko Yamato an, einer Logistikfirma, die Gepäck und Haushaltswaren blitzschnell innerhalb von Japan verschicken. Ich frage nach, ob sie mir das Rad vielleicht zum Flughafen schicken können, so müsste ich es nicht weiterschleppen. Doch leider ist es zu groß. Die freundliche Angestellte empfiehlt mir, es bei Sagawa Express zu versuchen, einer anderen Logistikfirma. Ich schiebe mich wieder durch das Gedränge zurück in Richtung Bahnhof und trage meine Anliegen bei Sagawa Express vor. Hier werden viele Fragen gestellt und Anrufe erledigt. Ich habe mir schon das Flughafenterminal ausgesucht, zu dem das Rad geliefert wird. Doch dann wird mir eröffnet, dass es leider nicht möglich sei, mein Rad zu transportieren. Schade. Ich frage, ob ich es wenigstens bis morgen hier aufbewahren könnte, denn es jetzt noch zum Hostel zu schleppen kommt mir wenig schmackhaft vor. Aufbewahren gegen eine Gebühr ist kein Problem, na gut.

Asakusa.
Asakusa.
Asakusa.

Um ein Fahrrad leichter mache ich mich auf zu einem Kongresszentrum, hier findet die Veranstaltung statt, für die ich mir ein Ticket gekauft habe. Nyanfes, ein Künstlermarkt mit hunderten Ständen, auf denen alles verkauft wird, was irgendwie mit Katzen zu tun hat. Ich habe ein Ticket im Vorverkauf erworben, was den Einlass zwei Stunden vor offiziellem Beginn der Veranstaltung ermöglicht. Es gibt die Hoffnung auf weniger Gedränge. Doch die erfüllt sich leider nicht. Es gibt niedliche Dinge zu kaufen. Für Katzen und vor allem mit Katzen. Von Stickern über Kekse, Schmuck bis hin zu Körbchen ist alles da. Aber meine Stimmung sinkt, mir ist das gerade alles ein bisschen zu hektisch und heiß und zu viel. An einem Stand mit Katzenmagneten komme ich ins Gespräch mit dem Verkäufer. Er fragt, was ich hier mache und ich erzähle von meiner Reise. Er ist begeistert und schenkt mir eine Süßigkeit, die er für sich selbst mitgebracht hat. Das muntert mich wieder auf. Ich kaufe mir eine kühle Flasche Wasser am Automaten und überlege. Erstmal etwas essen und irgendwo hinsetzen. Ins Hostel einchecken kann ich noch nicht. Mit etwas Essen hebt sich meine Stimmung recht verlässlich.

Katzenliebhaber beim Nyanfes.
Nyanfes.

Im angepeilten Restaurant spricht man gut Englisch, das scheint selbst in Tokyo ziemlich selten zu sein. Mein Mittagessen schmeckt gut, die Stimmung hebt sich wieder. Neben mir sitzt eine weitere, westlich aussehende Frau in meinem Alter allein am Tisch. Irgendwann frage ich sie, ob sie auch allein reist. Die bejaht, aber es ist auch klar, dass sie dieses Gespräch nicht möchte. Na gut.

Bentobox Mittagessen.

Vom Restaurant aus sehe ich, dass auf der anderen Straßenseite mit gebrauchten Kimonos geworben wird. Ich beschließe, nach dem Essen vorbeizuschauen. Einen Kimono brauche ich nicht, aber ein Yukata, ein leichtes Wickelkleid (oder ein Bademantel?) für den Sommer vielleicht? Meine Größe wird es wohl nicht geben, aber ich kann ja mal gucken.

Ich frage nach, wie es aussieht für einen Yukata in meiner Größe und die nette Verkäuferin verweist mich auf ein Regal in langen Größen. Ich gucke kurz, aber gehe dann doch lieber zur Männerabteilung, so wie häufig auch im Westen. Die Verkäuferin kommt schließlich hinter dem Tresen hervor und sagt, wir probieren es mal bei den Frauen und fragt nach einer Farbe – ich fühle mich heute nach lila. Sie wickelt mich in zwei verschiedene Yukata ein und ich staune nicht schlecht, es ist wirklich lang genug! Normalerweise wird der Stoff noch ein paar Mal umschlagen in der Taille, wird mir erklärt, doch bei mir ist das nicht nötig. Ich kaufe mir einen Yukata, ein Bindeband und ein Zierband und bekomme noch ein kleines Anhängsel als Geschenk dazu. Mittlerweile haben noch ein paar andere Touristen den Laden betreten und ich helfe beim Übersetzen. Doch die Ladenbesitzerin kommt auch so durch mit ihren fünf englischen Wörtern. Letztendlich wollen die Kundinnen doch alle irgendwie das gleiche.

Ich deute auf mein zu kaufendes Kleid und sage 浴衣 (Yukata), dann deute ich auf mich und sage よかった (yokatta – [ungefähr] freut mich). Die Verkäuferin freut sich, dass sie mit mir auf Japanisch quatschen kann und lacht.

Leider habe ich im Ankleiderausch vergessen, Bilder zu schießen. Aber meine Stimmung ist nach der Begegnung wieder gut.

Eingangskimono.

Den Rest des Tages verbringe ich mit Bummeln und Essen. Nach dem Einchecken ins Hotel entspanne ich mich erstmal ein bisschen auf meinem Schlafsaalbett. Dann gehe ich nochmal essen, jetzt Chinesisch. Schmeckt auch sehr lecker und man ist wieder verwundert, dass ich Japanisch sprechen kann. Als ich sage, dass ich Deutsch bin, ruft mir der Koch ein herzliches „Danke und Tschüss“ zu. 🙂

Chinesisches eingemachtes Gemüse.
Gedämpfte Klöße und Gyōza.
Tokyo Skytree am Abend.

Schließlich tauche ich noch ins kleine Hostelonsen ein und gehe früh ins Bett. Beziehungsweise versuche ich es, denn die anderen Gäste des Schlafsaals telefonieren lautstark zu allen Tages- und Nachtzeiten. Echt ärgerlich, für so etwas gibt es doch extra andere Aufenthaltsräume. Aber egal, hier bin ich nur eine Nacht und morgen geht es wieder weiter für mich.

Schlafkabine im Hostel.

4 Comments

  1. Claudia Ludwig

    Moin Lulu,

    Über deinen Vergleich mit dem braunschweiger Weihnachtsmarkt musste ich schmunzeln. Ich sage ja auch immer, es ist so voll dort, man könnte am Anfang eines Ganges eine Leiche hinstellen (sorry, makaber, ich weiß), die würde ohne umzukippen bis zum Ende durchgeschoben werden.

    LG Claudia

    • Luisa

      Moin Claudia,

      Danke für deinen Kommentar, da musste ich jetzt echt kichern! 😀 Es ist vielleicht ganz gut, wenn man so ein Gedränge mal erlebt hat. Dann kann man wieder richtig zu schätzen lernen, was man im Alltag an Platz zur Verfügung hat! Aber täglich brauche ich sowas echt nicht. Brrrr.

      Viele Grüße aus Japan nach Lehre,
      Lulu

  2. Simone

    It is such a pleasure to read your posts and see and feel your experience in Japan. I look forward to seeing your purple yukata when you get home.

    Today we are at Cain’s delivery a giant Hereford Sow. Cain gifted us with several jugs of freshly squeezed milk! And we got to visit with the « Fabulous Five » (the fully grown sheep from Tina’s bottle lambs on our farm 2 years ago) Always lots going on here.

    • Luisa

      Haha, the Fabulous Five. 😀 That sounds like an awesome day! I didn’t know Cain had cattle, or was it sheep’s or goat’s milk? Or chicken milk?! 😉
      Can’t wait to catch up, there must be lots going on for you guys and the shop – as always. 🙂

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