In der Nacht war es ziemlich laut auf der Straße. Ich glaube, der Supermarkt nebenan wurde beliefert und ein paar Mopedgangs haben sich scheinbar in der Nähe getroffen und Party gemacht. Ich schlafe trotzdem gut – mein Tatami-Boden duftet gut und mein Futon ist bequem.

Die Wettervorhersage verspricht nichts Gutes: Heute soll es noch sonnig sein und ab morgen für ein paar Tage regnen. Naja, das kann sich ja noch ändern. Trotzdem möchte ich heute gut Kilometer machen. Es liegen ein paar Berge vor mir, die möchte ich ungern im Regen befahren.
Die nette Wirtin hat sich mein Fahrrad über Nacht in ihr Wohnzimmer gestellt, so musste ich mir keine Sorgen darum machen. Nach unserer Verabschiedung stehe ich noch ein bisschen am Fahrrad, mache ein Startfoto, sortiere meine Routenplanung am Handy. Glück gehabt – die Wirtin kommt nochmal raus. Fast hätte ich eine Socke vergessen!

Die ersten 25 Kilometer gehen recht einfach. Ein bisschen auf den Verkehr achten, etwas holprig, alles gut. Meinen ersten richtigen Stopp lege ich an einem Schildkrötenzentrum ein. Hier ist eine Raststätte, an der ich mein Frühstück einnehme. Und gerade, als ich weiterziehen möchte, öffnet das Schildkrötenzentrum. Na gut, viele Stopps werde ich heute wahrscheinlich nicht einlegen, daher gucke ich mir das gerne an.

Hier werden vor allem Meeresschildkröten, die als Beifang in Fischernetzen landen, wieder aufgepäppelt und dann wieder ausgewildert. Außerdem gibt es eine Menge Landschildkröten und Rotwangen-Schmuckschildkröten, die sich vor dem Zentrum sonnen.






Heute habe ich so viele Stempel in meinem Heft gesammelt, dass ich beschlossen habe, alle gestempelten Seiten am Ende der Reise zu fotografieren, statt sie einzeln zu zeigen. Aber ich bin heute über einen bunten Pokemon-Gullideckel gestolpert, das Foto muss ich natürlich gleich zeigen. 🙂

Im Ort Kumano Kodo decke ich mich mit Kalorien ein, die ich mit in die Berge nehme. Heute schiebe ich mein schwer bepacktes Rad knapp 800 positive Höhenmeter hinauf über knapp 70 Kilometer.


Irgendwann gegen Mittag werde ich sehr langsam von einem Radtourenfahrer überholt. Ich freue mich, seit den ersten paar Tagen meiner Reise habe ich kein bepacktes Fahrrad außer meinem mehr gesehen. Leider hält er nicht an, um zu quatschen. Aber wer kann es ihm verübeln, der Berg möchte noch hochgefahren werden.



Noch nie habe ich mich so sehr über einen Tunnel gefreut wie heute! Der Tunnel bedeutet nämlich, dass ich durch den Berg fahren kann, statt mich weiter hochzuquälen. Puh. Insgesamt fahre ich heute ca. 4 km in Tunnel. Langsam freunden wir uns an. Beste Freunde werden wir vielleicht nicht, aber ich bin dankbar über jeden eingesparten Höhenmeter.

Mitten in den Bergen ist wieder eine Raststätte. Ich treffe einen japanischen Wanderer, der gut gelaunt eine Rast einlegt und mein Rad begutachtet. Wir unterhalten uns über die kommenden Streckenabschnitte, er ist in die Gegenrichtung unterwegs. Ein älteres Ehepaar gesellt sich dazu – sie sagen mir gleich, dass sie mich doch gestern beim Nachi Tempel gesehen haben! Ich kann mich nicht an sie erinnern, aber ich war die meiste Zeit auch in meinen Gedanken unterwegs. Wir vier unterhalten uns eine Weile, bis die Anstrengung des Aufstiegs in den Hintergrund gerutscht ist und ich wieder frohen Mutes weiterziehe.

Die Tunnel, die jetzt kommen, sind lang und Brücken führen über tiefe Schluchten. Ich bin froh über das gute Wetter und halte ab und an, um tief durchatmen und meinen Bremsen eine Pause zu gönnen.
Als ich mein Mindestziel für heute erreicht habe, beschließe ich, noch einen Bergpass zu meistern. Ich schiebe bergauf und höre irgendwann von hinten auf Englisch „Hi, alles in Ordnung?“. Ein japanischer Rennradfahrer überholt mich leichtfüßig. Ich entgegne „はい、頑張りましょう!“ (Hai, ganbarimashō! – Ja, lass uns unser Bestes geben!) Und wir beide ziehen zufrieden weiter.




Nach meinem Extrabergpass bin ich ganz schön k.o.. Ich mache Halt an der nächsten Raststätte und beschließe, am nächsten günstigen Hotel nach einem Zimmer zu fragen. In der Nacht soll es anfangen zu regnen und ein Zeitplatz liegt nicht auf dem Weg. Es klappt, ich bekomme ein Zimmer. Ein bisschen bin ich im Zombie-Modus und starre mit leerem Kopf vor mir her. Doch schließlich überrede ich mich, ein heißes Bad zu nehmen und mich anschließend mit einer wohlriechenden Body Butter einzureiben – die habe ich als Probe erhalten, als ich mir in Tokushima ein Aloe Vera Gel gekauft habe. Dann geht es schon wieder besser. Ich esse ein paar Kekse und Umeboshi Pflaumen zum Abendbrot, so muss ich mein Zimmer nicht mehr verlassen. Dann schreibe ich den Tag nieder. So kann ich morgen wieder mit einem leeren Blatt im Kopf beginnen. 🙂




Moin Lulu,
Das war körperlich sicherlich ein harter Tag für dich gewesen. Ich bewundere dich, wie du die Zähne zusammen beißt und diese Strapazen meisterst. Das Bad am Ende der Stecke muss dann einfach ein Träumchen sein! Und offensichtlich bist du in der Gegend eine kleine Berühmtheit. Gut, dass du so viele Bilder schießt.
Ich freue mich auf weitere Berichte.
LG Claudia
Moin Claudia,
Du hast Recht, gestern war ganz schön anstrengend. Dafür passt heute umso mehr Frühstück in mich rein, hihi! Mal gucken, wie es heute wird, bis jetzt regnet es nicht. Ich werde so oder so berichten. 🙂
Liebe Grüße aus Japan,
Lulu
ルイーザさん、こんにちは!
わー!本当にたくさんの距離を走りましたね!
そして、そのエリアはup&downが、厳しそうに見えます。本当にお疲れ様です!
そして、ポケモンマンホールを見つけたんですねー。
日本中にあるんですよ!
わたしは「小笠原諸島」で一度だけ見つけました!
https://local.pokemon.jp/manhole/
玉枝さん、こんばんは!
今日は滅茶坂道の終わりだと思います。明日天気も晴れるといいんですけど…
兎に角、しょうがないですね。
たくさん面白ネタをくれてありがとうございます!先生と探偵ですか?!人材ですよね~!!❤️
I just sent the photo of the manhole cover to Edera. I think it will brighten her hospital stay. (She is in Edmonton for 6 weeks while they slowly grow more bone in her jaw.)
I am very fond of turtles!
All the best and lots of extra bone to Edera! It makes me happy if a picture of a manhole cover can brighten her day a bit. According to Tamae’s comment, those covers are located all over Japan!
https://local.pokemon.jp/en/manhole/
Also, while I was taking all the turtle pictures, I was thinking „I really hope somebody who reads this likes turtles!“, so double yay! 🙂